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Rittergut

Rittergut Lichtenberg

Klaus Tast

Das Rittergut Lichtenberg

Das Rittergut Lichtenberg entstand unter der Herrschaft des Benediktinerklosters Döbeln durch Zusammenlegung dreier Bauerngüter der Obergemeinde Grünberg.Zunächst wurden die vereinten Höfe als Vorwerk von Kriebstein und Ehrenberg bezeichnet.

Ihre Geschichte ist eng verknüpft mit dem angrenzenden Nonnenwald. Dieses Uranwesen umfasste eine Größe von rund 150 Acker (Flächenmaß).

Über den genauen Zeitpunkt der Entstehung macht die Chronik keine Angaben. Es ist aber anzunehmen, dass die Gründung im 15. Jahrhundert erfolgte.

Mit der Reformation wurden die Klöster in unserem Gebiet aufgelöst.

Herzog Moritz von Sachsen verkaufte am 18. Dezember 1543 aus dem Besitz des Döbelner Nonnenklosters das Vorwerk Lichtenberg sowie die Dörfer Grünberg Höckendorf, Meinsberg, Moosheim und den Nonnenwald für 6000 Gulden an Georg von Carlowitz.
Georg von Carlowitz, der vorher schon neben anderen größeren Besitzungen Kriebstein und Ehrenberg erworben hatte, soll ein geistreicher Mann gewesen sein.
Seine Frau Anna, geborene Plugk, gebar 11 Söhne und 8 Töchter. Er starb am 2. Mai 1550. Sein reiches Erbe wurde zunächst von seinem ältesten Sohn Christoph zehn Jahre verwaltet. Bei der darauf folgenden Teilung bekam sein jüngerer Bruder Otto mit dem Kloster zu Waldheim auch Lichtenberg zugesprochen. Durch schlechte Bewirtschaftung und mehrjährigen Misswuchs verfielen die meisten Anwesen der Söhne.
Der Schwiegervater des einen, Wilhelm von Schönberg, bezahlte die auflaufenden Schulden. So ließ er auf Lichtenberg ein Stammlehen von 4000 Talern eintragen und hat es ca. 20 Jahre verwaltet. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten mehrfach die Besitzer, wobei die Familie Kölbel von Geysing als eine der wichtigsten Besitzer des Gutes lt. Chronik auftraten. Diese Familie bestimmte ungefähr hundert Jahre die Geschicke des Gutes.

1909 wurde Robert von Oehmichen Besitzer des Rittergutes und 1917 traten seine Nachfolger das Erbe an. Trotz der wechselvollen Geschichte des Rittergutes gelang es den meisten Besitzern, das Gut durch Zukauf umliegender Güter zu vergrößern. So wurde zum Beispiel 1823 das Nachbargut für 3000 Taler dazugekauft. Auch einige alte Häuser wurden hinzugekauft und abgebrochen. Ein größeres Waldstück wurde gerodet und urbar gemacht.
Aber auch die Industrialisierung des Landes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging am Rittergut nicht spurlos vorbei. Mit der Zeit gehend, entstand eine Fabrik zur Herstellung von Kartoffelmehl, Kartoffelstärke und Sirup. Auch eine große Ziegelei zur Herstellung von Drainageröhren entstand. So leistete man einen entscheidenden Beitrag zur Entwässerung der Felder der hiesigen Gegend.

Im Jahre 1885 errichtete Besitzer Schmiedel hier eine Dampfmolkerei und verkaufte Milch und Milchprodukte u. a. in fünf eigenen Läden in Chemnitz. Auch eine Gärtnerei auf einem der zugekauften Güter wurde eingerichtet.

Der Wohlstand der Besitzer zeigt sich auch in umfangreichen Um- und Ausbauten auf dem Gelände des Gutes. So wurde das alte Herrenhaus umgebaut und erhielt durch Baurat Adam aus Dresden zwei schöne Fassaden. Eine herrschaftliche Parkanlage wurde geschaffen bzw. die vorhandene vergrößert. Aus der Vielzahl seltener Bäume und Sträucher ist besonders eine

Robinie, eine so genannte falsche Akazie, mit einem Umfang von 4 m zu nennen. Der Baum zählte zu den größten und stattlichsten in Sachsen. Auch die Rotbuchenbestände suchten im Land Sachsen ihresgleichen.
Auch neue Wirtschaftsgebäude zeugen vom Wohlstand der Besitzer. So wurde 1886 der Hof erweitert und für 15 000 Mark eine große massive Scheune und wenige Jahre darauf für 24 000 Mark ein neues Stallgebäude errichtet. Das Verhältnis der Gutsbesitzer zur Gemeinde war im Großen und Ganzen positiv und segensreich. Das Rittergut hat in allen Zeiten vielen Leuten Brot und Arbeit gegeben. Das Verhältnis der Besitzer zu der Dorfbevölkerung war meist gut. Das beweisen z.B. Eintragungen in den Kirchenbüchern, dort werden mehrere Generationen der Geysings als Paten für ihre Untergebenen aufgeführt. Auch die Schmiedels und von Oehmichen werden in dieser Hinsicht von der Chronik lobend erwähnt. Lediglich die Frau des Besitzers Wolf soll in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine sehr streitsüchtige Frau gewesen sein. Sie lebte mit fast der gesamten Gemeinde in Streit und Fehde. Auch nach dem Tode soll sie mit ihrem unruhigen Geist nicht zur Ruhe gekommen sein und noch heute in den alten Gemäuern umgehen und spuken.
Natürlich war das Verhältnis zu den Untergebenen aus heutiger Sicht geprägt durch Standesdünkel der Besitzer und Untergebenengeist der Dienenden, die mit einem Hungerlohn abgespeist wurden. In einem anderen Beitrag soll das am Beispiel der letzten Besitzerin, Frau Zehl, anschaulicher dargestellt werden.

Am Ende des 2. Weltkrieges umfasste das Rittergut eine Fläche von 182 ha (330 Acker) und besaß noch seine eigene Jagd. Die letzte Besitzerin des Gutes war Frau Erna Zehl.Mit der Bodenreform 1945 wurden die Flächen des Rittergutes aufgeteilt.
Es wurde zergliedert in 29 Neubauernparzellen.
Das prächtige Herrenhaus wurde 1948 in der Mitte durch eine 6 Meter breite Lücke in zwei Teile geteilt. Es diente fortan als Wohnung für zwei Neubauern Das schlosstypische Türmchen verschwand. Ein Jahr zuvor hatte man bereits den sehenswerten einmaligen Park mit seiner einzigartigen Bepflanzung gerodet.

Im Zuge der Kollektivierung der Landwirtschaft in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden einige Wirtschaftsgebäude weiter landwirtschaftlich genutzt. Das verrottende Herrenhaus verließen die Neubauern im Laufe der Zeit. Nach der Wende 1990 kaufte ein Westdeutscher das Gebäude, ohne sich darum zu kümmern.

So verfiel es immer mehr. Im September 2010 stürzte am späten Abend das Dach und der rechte Seitenflügel mit donnerndem Gepolter ein.

Nun bleibt nur noch der Abriss! Damit geht die Geschichte eines für unseren Ort über Jahrhunderte prägenden Objektes endgültig zu Ende.
 
Quellen:
Chronik von Woldemar Schneider
Chronik von Kurt Ludwig
und Informationen von Herbert Bormann

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